Jedem das Seine

Es ist an einem frühen Freitagmorgen. Im Berliner Hauptbahnhof fährt der ICE 599 ein, die Passagiere besteigen den Zug.

Sie suchen ihre Plätze. Jeder verstaut sein Gepäck und richtet sich häuslich ein, um es maximal bequem zu haben.
Im ersten Wagon befinden sich die Abteile. Im Vergleich zum Großraumwagen haben hier lediglich acht Passagiere Platz.
Vier auf jeder Seite mit einem Tisch dazwischen.
An diesem Freitagmorgen sind nur zwei der acht Plätze belegt. Auf der einen Seite sitzt ein junger Mann, auf der anderen ein Mann mittleren Alters.

Der junge Mann (ca. 20 Jahre) hat es sich gemütlich gemacht. Er macht einen recht „zufriedenen“ Eindruck.
Seine Körpergröße lässt sich auf ca. 1,80m schätzen, sein Gewicht deutlich über hundert Kilo. Vielleicht 130kg.

Auf der anderen Seite schreibt der Mann mittleren Alters auf seinem Notebook einen Blogbeitrag.
Im Vergleich zu seinem Sitznachbarn geht er im Gesamtbild optisch fast unter. Mit ca. 1,80m und 70kg ist er eher weniger robust, dafür sportlich fit.

Der junge Mann scheint Hunger zu haben. Er packt eine Brötchentüte mit mehreren leckeren Weizenbrötchen aus und gönnt sich in Ruhe sein Frühstück. Wie es scheint, sind die Brötchen unbelegt, weshalb er sie ein wenig aufreißt, das Innenleben aushöhlt und sie mit Paprikachips aus seiner Chipstüte füllt. Genussvoll verputzt er so ein Brötchen nach dem anderen und lässt sich dazu eine 0,5 Liter Dose Energiedrink schmecken.

Bei seinem Gegenüber stellt sich ebenfalls ein Hungergefühl ein. Er war scheinbar auch bei einem Bäcker und hat sich ein kleines Baguette gekauft, belegt mit Tomate und Mozzarellakäse. Dazu gibt es einen Liter stilles Wasser.
Nach kurzer Zeit klappt er sein Notebook zu und beginnt in einem Buch zu lesen: „Die Kunst des erfolgreichen Lebens“.

Der junge Mann bekommt davon wenig mit.
Er hat seinen Sitz in eine Liegeposition gestellt und schaut sich auf seinem Smartphone einen Film an. Unbeeindruckt von Chips- und Brotkrümel unter seinem Sitz, reißt der Schaffner ihn aus seinem Glück, indem er nach den Fahrscheinen fragt.
Unnötig, da er bereits online eingecheckt hat.

Der Mann mittleren Alters wechselt dabei ein paar Sätze mit dem Zugbegleiter und widmet sich dann wieder seinem Buch.

Die Fahrt dauert nun schon fast eine Stunde und an der nächsten Haltestelle steigt der junge Mann aus, während sein Sitznachbar noch drei Stunden Fahrt vor sich hat.
Langweilig wird es ihm nicht werden, denn er hat noch ein weiteres Buch dabei.

Hoffentlich kommen beide gut zuhause an und führen ein glückliches Leben, nach ihren Wünschen und Vorstellungen.